Landkreis Augsburg: Etablieren nachhaltiger Strukturen als wichtige Aufgabe für die Kommune
Im Gespräch mit Landrat Martin Sailer
Der Landkreis Augsburg hat erkannt, dass die Strukturen, die durch das kommunale Bildungsmanagement aufgebaut wurden, essentiell sind. Deshalb hat man hier vor Ort den Prozess der Verstetigung und nachhaltigen Verankerung dieser Strukturen angestoßen.
Einen Einblick, wie das vor Ort umgesetzt werden konnte, aber auch welchen Einfluss die Corona-Pandemie auf die Verstetigungsdebatte hatte, gibt Martin Sailer, Landrat des Landkreises Augsburg.
Transferagentur Bayern Süd: Herr Landrat Sailer, was verstehen Sie unter "Verstetigung" bei Ihnen vor Ort im Landkreis Augsburg?
Martin Sailer: Eine florierende Bildungslandschaft braucht verlässliche Strukturen, in denen sich Bildungsakteure bewegen und Bildungsangebote entwickeln können. Verstetigung heißt für den Landkreis Augsburg die Etablierung des Bildungsbüros als verlässlicher Partner, die partizipative und strategische Weiterentwicklung des Bildungslandkreises durch eine Gremienstruktur und die langfristige Bereitstellung personeller und finanzieller Ressourcen für die vielfältigen Aufgaben des Bildungsbüros.
"Durch gezielte Projekte und optimierte Strukturen bereichert das datenbasierte kommunale Bildungsmanagement die Bildungslandschaft."
An welchen Punkten machen Sie es fest, dass Verstetigung erfolgt ist? Und was bedeutet das für Sie und Ihre Arbeit?
Durch gezielte Projekte und optimierte Strukturen bereichert das datenbasierte kommunale Bildungsmanagement die Bildungslandschaft und das Bildungsbüro erwies sich als relevanter Partner.
Indem eine durchdachte Gremienstruktur installiert wurde, entstanden Verantwortungsgemeinschaften, die die Bildungslandschaft mitgestalten und tragen. Die Personalstellen wurden entfristet und finanzielle Ressourcen für Projekte bereitgestellt. Dadurch entstehen – auch aus Sicht der Bildungspartner – Planungssicherheit und Verlässlichkeit.
Wie ist das Bildungsbüro personell und finanziell aufgestellt?
Das Bildungsbüro ist mit insgesamt vier Vollzeitäquivalenten ausgestattet, welche auf sechs Personen aufgeteilt sind. Für den Haushalt 2020 haben wir für das Bildungsbüro ca. 145.000 Euro bereitgestellt.
Wo ist das Bildungsbüro strukturell verankert und wie ist die Aufgaben- und Personalstruktur angelegt?
Aus historischen Gründen ist das Bildungsbüro im Fachbereich 22 "Jugend und Bildung" im Geschäftsbereich 2 "Jugend, Familie und Bildung" angesiedelt, denn dort fand die Jugendbildung für den Landkreis ihre Anfänge. Mit Einführung des Bildungsbüros konnte die Zielgruppe erweitert und auf bestehende Kooperationen zurückgegriffen werden.
Die Teamleitung erfolgt durch die Leitung des Fachbereichs. Die Aufgaben des Bildungsbüros gliedern sich in strategische (Bildungsmanagement und Bildungskoordination für Neuzugewanderte), datenbasierte (Bildungsmonitoring) und operative Bereiche (Umsetzung von Bildungs- und Integrationsprojekten, z. B. Beratung "Deutsch lernen", Bildungsportal A3).
Welchen Einfluss hat Corona in der Verstetigungsdebatte?
Bereits vor der Corona-Krise wurden relevante Schritte in Richtung Verstetigung getan. Das ist gut so, denn gerade jetzt gibt es viel zu tun: Kinder und Jugendliche, die durch die Schließung der Kitas und Schulen Benachteiligung erfahren haben. Junge Menschen, die keinen Ausbildungsplatz finden, weil Betriebe ihr Engagement zurückfahren (müssen). Bildungsangebote für Erwachsene, die nicht stattgefunden haben. Neue Herausforderungen, die durch den erhöhten Bedarf an Digitalisierung entstehen. Solche Beispiele zeigen: Investitionen in Bildung sind wichtiger denn je!
"Die Einführung des DKBM war ein lohnender Schritt."
Hat sich die Einführung des datenbasierten kommunalen Bildungsmanagements (DKBM) bei Ihnen vor Ort bewährt?
Die Einführung des DKBM war ein lohnender Schritt. Es entstanden viele nützliche Angebote. Zum Beispiel die Beratung "Deutsch lernen", die inzwischen mehr als 400 Personen erfolgreich in einen Deutschkurs vermittelte. Projekte, wie der Faktencheck "Bildung im Landkreis Augsburg", führten zu mehr Transparenz und förderten das Bewusstsein und die Sensibilität rund um die Themen "Bildung" und "Integration". Die Bildungslandschaft wird durch das DKBM nun strategisch und unter Einbezug der Bildungspartner fortentwickelt.
Welche Vorteile bringt das für wen in der Praxis?
Die Vorteile sind auf allen Ebenen spürbar: für die Bürgerschaft, Bildungsinstitutionen, Politik, Zivilgesellschaft und Verwaltung. Viele durch das DKBM entstandene Strukturen erleichtern die Zusammenarbeit. Zuständigkeiten sind transparenter und Informationen gelangen schneller an die richtigen Stellen. Durch eine aktive Beobachtung der Bildungslandschaft werden Angebotslücken frühzeitig erkannt und geschlossen.
"Entscheidend ist der Rückhalt durch die Bildungspartner."
Was ist entscheidend, um die Verstetigung des DKBM in Gang zu bringen?
Entscheidend für die Verstetigung ist der Rückhalt durch die Bildungspartner. Dieser wird erreicht, indem der Mehrwert für die Bildungslandschaft bzw. die Bürgerinnen und Bürger im Mittelpunkt der Arbeit steht. Abgeleitet wird dieser Mehrwert von erfolgreichen Arbeitsergebnissen mit hoher Qualität und Reichweite.
Wer sollte an diesem Prozess beteiligt sein?
An dem Prozess sollten all diejenigen beteiligt sein, die mit Bildungsthemen zu tun haben oder mit Bildungsangeboten erreicht werden sollen. Das sind Bildungsinstitutionen, kreisangehörige Städte, Märkte und Gemeinden, Zivilgesellschaft, Politik, Verwaltung und natürlich die Bürgerinnen und Bürger. Letztere in unsere Prozesse einzubeziehen soll künftig eine noch stärkere Rolle spielen.
"Das Bildungsbüro bleibt am Puls der Zeit."
Welche Themen stehen bei Ihnen derzeit auf der Agenda?
Im Landkreis Augsburg steht die Digitalisierung schon länger im Fokus. Im Mai 2020 wurden wir als "Digitale Bildungsregion in Bayern" ausgezeichnet. Derzeit entstehen weitere digitale Projekte. Beispielsweise wird ein digitales Deutsch-Lern-Angebot für Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund entwickelt. Neben der Beratung "Deutsch lernen" gibt es bald eine allgemeine Bildungsberatung – unter anderem mit der Möglichkeit zur digitalen Beratung.
Ein wichtiges Zukunftsthema bleibt die Integration von Neuzugewanderten. Durch eine Integrationsplanung wird das Thema von Grund auf strategisch angegangen. Zudem werfen wir derzeit einen Blick auf die Bedarfe unserer Bildungsakteure in diesen herausfordernden Zeiten und die Frage, wie der Landkreis hierbei schnell und effektiv unterstützen kann.
Welche Herausforderungen sehen Sie bei Ihnen vor Ort?
Der Landkreis Augsburg ist der drittgrößte Landkreis in Bayern. Zum Landkreis gehören 46 kreisangehörige Städte, Märkte und Gemeinden. Allein durch die Größe ergeben sich vielfältige Herausforderungen. Mobilität sowie Erreichbarkeit von Bildungsangeboten sind wiederkehrende Problematiken, denen wir uns stellen müssen.
Wo sehen Sie das Bildungsbüro in einem Jahr?
In einem Jahr wird das Bildungsbüro weiter an Relevanz gewonnen haben. Das Bildungsbüro bleibt "am Puls der Zeit" und entwickelt sich entsprechend der sich verändernden Anforderungen weiter.
Foto: Landkreis Augsburg