Als Deutschland im Jahr 2015 mehr als 800.000 Geflüchtete aufnahm, stellte dies die Städte, Kreise und Gemeinden vor große Herausforderungen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt seit 2016 bundesweit 321 Kreise und kreisfreie Städte durch die Förderinitiative "Kommunale Koordinierung der Bildungsangebote für Neuzugewanderte". In den letzten Jahren ist viel erreicht worden: Zugänge zu Sprachkursen wurden erleichtert und vielerorts wurde das Bildungsangebot durch beispielsweise Frauensprachkurse mit Kinderbetreuung, Onlineportale und Apps erweitert.
Zum Abschluss des Förderprogramms Ende 2021 würdigt das BMBF die Leistungen der kommunalen Koordinatorinnen und Koordinatoren mit der Broschüre "Bildung vernetzt. Integration gestärkt". Eine Auswahl von Beispielen aus der Praxis zeigt, was im Zuge der kommunalen Koordinierung der Bildungsangebote für Neuzugewanderte vor Ort entstanden ist.
Die Transferagentur Bayern hat die kommunalen Koordinatorinnen und Koordinatoren kontinuierlich mit Qualifizierungs- und Vernetzungsveranstaltungen rund um das Thema "Integration und Bildung" unterstützt und begleitet. Vier Kommunen aus Bayern und Baden-Württemberg sind in der Broschüre "Bildung vernetzt. Integration gestärkt" mit einem Praxisbeispiel vertreten und geben Einblicke in ihre Arbeit:
Stadt und Landkreis Heilbronn haben ein Verfahren zur zentralen Schulplatzvermittlung für Kinder und Jugendliche ohne Deutschkenntnisse zwischen zehn und 15 Jahren etabliert, das aus drei Phasen besteht: Zunächst wird ein persönliches Aufnahmegespräch mit dem Kind geführt, um herauszufinden, welche Bildung es bisher genossen hat. Daraufhin nimmt es an einem schriftlichen Test teil, bei dem das Lernniveau in Mathematik und Englisch festgestellt wird. Dieser Test kann ganz ohne Deutschkenntnisse absolviert werden. Währenddessen nehmen die Eltern an einem Elterncafé teil. Das sind Gespräche mit Elternmultiplikator/-innen, bei denen sie über mögliche Schulkarrieren im Bildungssystem informiert werden und offene Fragen stellen können. Ziel ist es, flächendeckend jedem Kind, gleich welcher Herkunft und Nationalität, eine optimale Bildung zu ermöglichen – als Voraussetzung für eine gute berufliche Qualifizierung und breite gesellschaftliche Teilhabe.
Die Stadt Rosenheim hat zunächst ihrer Lenkungsgruppe "Bildung & Integration" aufgetragen, den momentanen Stand der Integration von Neuzugewanderten durch Bildung und des dazugehörigen Angebots zu ermitteln. Auf Basis der Analyse 2017 entstand der Bericht "Integration durch Bildung". Dieser zeigt die Angebotsstruktur im Bildungsbereich für Neuzugewanderte auf, analysiert Bildungsbeteiligung und -erfolge und macht zu jedem Handlungsfeld konkrete Vorschläge für das kommunale Bildungsmanagement. Diese Punkte wurden weiterentwickelt in Gesprächen mit Fraktionen im Stadtrat, in Dezernentenrunden und im Fachaustausch mit freien Trägern und weiteren Partnern. 2019 fiel die Entscheidung, die Stelle der Kommunalen Koordination als strategische Sozialplanung zu verstetigen. Ihr erstes Ziel: Unter Berücksichtigung der Erkenntnisse und Daten im Bereich Integration durch Bildung eine Datenbank für ein nachhaltiges Sozialdatenmonitoring aufbauen.
In der Stadt Nürnberg nahm das Bildungsbüro im Nürnberger Bildungsbericht 2017 die neue Zielgruppe in einem eigenen Kapitel "Bildung Neuzugewanderter" in den Blick, von der frühkindlichen Bildung bis hin zur non-formalen Bildung. 2018 wurde bereits ein 180 Seiten umfassender eigenständiger Bericht "Bildung von Neuzugewanderten" veröffentlicht, u.a. wurden auch die Daten von Bildungsanbietern der non-formalen Bildung in die Auswertungen einbezogen. Zum Themenkomplex Deutsch-Sprachbildung wurde zusätzlich eine qualitative Praxisforschung durchgeführt und Integrationskursdaten mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BAMF diskutiert, um vorhandene Bedarfe für bestimmte Zielgruppen und ggf. Lücken in der Angebotsstruktur zu analysieren. Auf Grundlage dieser Ergebnisse wurde für die Stadt Nürnberg das Pilotvorhaben "Kommunale Programm Deutschspracherwerb" konzipiert (Start 2020). Auch in dem neuen Programm wird das Monitoring der Sprachberatung eine zentrale Rolle einnehmen.
Im Landkreis Fürth wurde in einem partizipativen Prozess ein Integrationskonzept erarbeitet. Als Grundlage für die Integrationsarbeit wurden zunächst Integrationsleitlinien entwickelt. Unter Federführung des Kommunalen Koordinators und der Integrationsbeauftragten wurden regelmäßig tagende Arbeitskreise ins Leben gerufen. An dem mehrstufigen, partizipativen Verfahren waren rund 80 Mitarbeitende und Aktive aus Ämtern, Behörden, Institutionen und der Zivilgesellschaft beteiligt. Sie analysierten die Bedarfe und erarbeiteten Handlungsempfehlungen. Mit der Verabschiedung des Integrationskonzepts im Kreistag ist eine stabile Basis für die künftige Integrationsarbeit geschaffen worden. Die im Rahmen des Förderprogramms neu geschaffenen Koordinierungsstrukturen versetzen die Kommune in die Lage, Bedarfe und Angebote der verschiedenen Akteure zu analysieren, Handlungsstrategien zu erarbeiten und passgenaue Maßnahmen umzusetzen.
Weitere Informationen:
- Broschüre "Bildung vernetzt. Integration gestärkt" zum Download