Ab dem Schuljahr 2026/27 gilt der Rechtsanspruch auf Ganztag. Dann sollen alle neu eingeschulten Kinder im Grundschulalter ein Ganztagsangebot wahrnehmen können. Was als Erleichterung für (berufstätige) Eltern und als Chance zur individuellen Förderung der Kinder gedacht ist, stellt viele Kommunen in Bayern vor vielschichtige Herausforderungen: Wie viele Plätze werden benötigt? Welche Angebote soll es für die im Ganztag betreuten Kinder geben? Woher soll bei steigendem Fachkräftebedarf das Personal kommen? Wie kann das finanziert werden? Welche Akteure einer kommunalen Bildungslandschaft müssen beteiligt werden und wie können diese kooperieren? Und wie kann das DKBM bei all dem unterstützen? Zu diesen und weiteren Fragen rund um das Thema Ganztag tauschten sich rund 90 kommunale Bildungsakteure, Leitungen und Fachexpertinnen und -experten der Bildungsbüros sowie politische Vertreterinnen und Vertreter bei dem Fachdialog "Ganz(-tag) gut vorbereitet!" der Transferagentur Bayern Süd am 28. März 2023 in München aus.
Den Blick auf mögliche Kooperationen von Ganztagsgrundschulen und Zivilgesellschaft lenkte Alexander Kanamüller vom Deutschen Jugendinstitut e.V. Untersuchungen des BMBF-Projekts ZivilKoop (Laufzeit: November 2019 bis Oktober 2022) zeigen, dass über ein Drittel der im kommunalen Bildungsbereich aktiven zivilgesellschaftlichen Organisationen nicht mit Schulen und/oder Kitas zusammenarbeiten, mitunter aber durchaus Interesse an einer Kooperation hätten – ein Potenzial, das stärker in die ganztägige Bildung und Betreuung eingebunden werden könnte. Bildungsbüros könnten mit Koordination, Beratung, Vernetzung oder Wissensvermittlung dabei unterstützen, dass mehr Kooperationen von Ganztagsgrundschulen und außerschulischen Akteuren entstehen und auch gelingen.
Nora van de Sand vom Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales und Alexandra Brumann vom Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus informierten über den aktuellen Sachstand zum Landesprogramm Ganztagsausbau, klärten häufige Missverständnisse auf und stellten einen Werkzeugkasten für die verschiedenen Angebotsformen zum Ganztag vor. Weitere hilfreiche Informationen rund um die Themen Ganztagsschule und -betreuung stellen die Ministerien auch über ihre Websites zur Verfügung: www.stmas.bayern.de/ganztagsbetreuung oder www.km.bayern.de/eltern/schule-und-familie/ganztagsschule.
Die Teilnahme an den Programmpunkten des Vormittags war bayernweit sowohl in Präsenz als auch Online möglich. Die beiden Nachmittagssessions griffen die Themen Fachkräftesicherung und Bedarfsermittlung auf und fanden ausschließlich in Präsenz statt:
In Session 1 tauschten sich die Teilnehmenden darüber aus, wie Kommunen vor Ort Fachpersonal für den Ganztag sichern können. Die einhellige Meinung war, dass der Weg über die Flexibilisierung der Ausbildung und die Bereitstellung von Weiterbildungsmöglichkeiten lohnenswert ist. Zum einen müsste die Fortbildung von pädagogisch Affinen und Laien, die einen großen praktischen Erfahrungsschatz mitbringen, ausgebaut und bekannt gemacht werden, beispielsweise auch durch ein Weiterbildungsangebot im Schulverbund oder Gemeindeverbund. Zum anderen sollten geeignete Rahmenbedingungen für Fachpädagoginnen und -pädagogen geschaffen werden – sei es über die Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum, konkurrenzfähigem Gehalt auch in ländlichen Regionen oder die Öffnung der Ausbildung für Quereinsteigerinnen und -einsteiger. Gefordert ist hierbei auch die Politik, um Werbung für die dringend benötigten Berufe zu machen.
In Session 2 stellte Lisa Konrad-Lohner vom Bayerischen Landesjugendamt zentrale Punkte des Praxisleitfadens "Ganztägige Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter" vor. Wichtig bei der Bedarfsplanung sei es, zu beachten, dass von Eltern geäußerte Bedürfnisse nicht automatisch auch Bedarfe seien – diese gelte es von den Bedürfnissen abzuleiten. Neben dem Bedarf an Personal und Räumen empfahl Konrad-Lohner auch mögliche Kooperationen mit der Zivilgesellschaft oder Vereinen zu berücksichtigen. Auch die Qualität der Ganztagsangebote sei ein wichtiger Aspekt bei der Planung. Eine Zusammenarbeit von Landkreisen und kreisangehörigen Gemeinden ließe sich über individuelle (Kooperations-)Vereinbarungen, die vor Ort geschlossen werden, regeln.
Viele Kommunen haben sich bei Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung schon auf den Weg gemacht. Zentrale Herausforderungen sind u.a. die Bedarfsplanung und Fachkräftesicherung. Bildungsbüros können hierzu einen wertvollen Beitrag leisten, indem sie als koordinierende Stelle Abstimmungsprozesse zwischen allen beteiligten Akteuren rund um den Ganztagsausbau begleiten.
In diesem Zusammenhang wurde auch über das BMBF-Förderprogramm Bildungskommunen informiert.